Guten Tag liebe Leserinnen und Leser,
beim diesjährigen Neujahrsempfang der Akademie Franz Hitze Haus am 6. Februar wurde mit etwa 120 Gästen die Frage diskutiert, ob und in welcher Form freiheitliche, plurale und demokratisch verfasste Gesellschaften das Christentum als Fundament brauchen. Schon 1964 thematisierte der spätere Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde in seinem Text Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation dies in dem berühmten Satz: "Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann." Meist wird nicht weiterzitiert: "Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er seinerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des Einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert.“ Es ging Böckenförde also nicht darum, den demokratisch-säkularen Staat auf das Christentum als eine notwendige Voraussetzung festzulegen; diese Engführung ließe sich mit der Freiheit, die unabdingbar den demokratischen Staat kennzeichnen müsse, nicht vereinen. Es ging Böckenförde aber durchaus darum darauf hinzuweisen, dass es in der säkularen Gesellschaft sozialer und ethischer Bindekräfte bedürfe, um Grundorientierung wie Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und die Freiheit des Menschen zu gewährleisten. Dabei übernehmen nach Böckenförde christliche Haltungen eine wichtige Rolle - neben weiteren gesellschaftlichen Institutionen wie Bildung und andere Religionen. Wie blicken wir heute, 75 Jahre nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes, auf die Frage, was unsere Gesellschaft zusammenhält? Wir freuen uns mit dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, Prof. Dr. Dr. Andreas Voßkuhle, und in Zusammenarbeit mit dem Geschichtsort Villa ten Hompel am 8. Mai (auch) dieser Frage nachgehen zu können.
Mit herzlichen Grüßen aus der Akademie Franz Hitze Haus
Dr. Johannes Sabel |